Hier gibt’s kein’ Laden mehr. Lohnt sich einfach nicht.
Bäcker ohne Nachfolger. So früh steht keiner auf.
Der Gasthof ist geschlossen. Schon lang vor Corona.
Wieder ein leeres Haus, das letzte wird’s nicht sein.
Die Abrissbirne kreist. Staubwolken nehmen die Sicht.
Manche Straßenzüge erinnern an Zahnlücken.
Auf der alten Brücke ist BETRETEN VERBOTEN.
Löwenzahn gedeiht im rissigen Asphalt.
Das.Hier.Ist.
Wolferwartungsland
Auf den Herzen liegt Schnee und erkältet das Gemüt.
Kein Tauwetter in Sicht, eisig bleibt der Blick.
Schultern aus dem Frost sehen kein Elend.
Hochkonjunktur für’s Ego, die Gier feiert ein Fest.
Wer macht schon ein Selfie von seiner Seele?
Der Blick in den Spiegel ist nur denkbar ohne Licht.
Auf den Herzen liegt Schnee. Eisig ist der Blick.
Empathie liegt im Koma. Jeder braucht sein‘ Kick.
Das.Hier. Ist.
Wolferwartungsland.
Dieser Text ist 2021 ursprünglich als Songtext entstanden und ist
durch das Urheberrecht geschützt.
Dietmar Wagner, 2. 1. 2022
Wenn dir zum ersten Mal ein Mädchen sagt,
dass es dich liebt,
dann fällt für dich die Schule aus,
und alles, was es sonst noch gibt,
wird Nebensache, auch zu Haus.
Du bummelst mit ihr nur so durch die Stadt,
hältst sie ganz fest in deinem Arm
und bist an weiter gar nichts interessiert,
denn dies Geschöpf hat so viel Charme,
da bist du einfach fasziniert.
Was morgen sein wird, das ist noch weit weg
und kommt erst wieder nach der Nacht,
in der ihr von einander träumt. -
Dein Lehrer hat an dich gedacht
und glaubt, du hättest was versäumt.
Manfred Augustin
Zwei Professoren unterhielten sich.
"Aber diese These ist nun ganz und gar nicht vertretbar, werter Herr Kollege!", entrüstete sich der eine.
"Wieso denn nicht?", fragte der andere.
Der erste ging aufgeregt vor dem Tisch auf und ab. "Jede genaue Analyse muss doch die Unsinnigkeit dieser Behauptung belegen."
Der zweite saß ganz ruhig da bei einer Tasse Kaffee. "Aber die Synthese der schon bekannten Komponenten zwingt doch dazu, dass man nicht nur diese These erstellen, sondern ihre Korrektheit auch als verifiziert betrachten muss."
Der erste blieb stehen. Beinahe spöttisch sagte er, sich zu dem anderen hinwendend: "Ja aber Sie als geborener Analytiker, werter Herr Kollege, gerade Sie müssten doch sehen, dass man das ganze Problem in seiner Vielschichtigkeit so doch gar nicht erfassen und erst recht nicht so einfach abtun kann. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder - Verzeihung - so 'mir nichts-dir nichts' eine These erstellen und sie sofort als verifiziert betrachten würde, ohne nicht wenigstens die wichtigsten Faktoren einer Analyse unterzogen zu haben? Bis jetzt ist diese These doch nur eine reine Behauptung."
Freundlich entgegnete der zweite: "Aber diese 'Behauptung' beruht doch auf der exakten Verifikation jedes einzelnen Detailpunkts, Herr Kollege." Er trank einen Schluck Kaffee; dann fuhr er fort: "Gerade für mich als Analytiker sind Akkuratesse und Akribie oberstes Gebot bei der Erstellung einer These."
Der erste setzte sich an den Tisch, dem anderen gegenüber, und warf dann ein: "Sie alleine können doch das Problem gar nicht bewältigen, Herr Kollege. Schon die detaillierte Analyse jedes einzelnen Aspekts erfordert eine Ewigkeit."
"Nun muss ich Sie aber rügen! Glauben sie etwa, ich hätte mir nicht genug Zeit genommen? Diese These ist das Ergebnis von zehn Jahren Arbeit!", entgegnete der Analytiker erregt.
"Herr Kollege, Zeit hat doch nichts mit der Richtigkeit einer These zu tun! ... eh ... These ... These? ... Sagen Sie mal, über welche These diskutieren wir denn eigentlich die ganze Zeit? Sie werden lachen, aber das ist mir jetzt glatt entfallen.", bemerkte der erste verlegen.
"Was, Ihnen auch?", fragte der andere entsetzt.
Manfred Augustin
Manfred Augustin ist Mitglied und zugleich auch Sprecher unserer Autorengruppe CoLibri.